vor ungefähr 15 Jahren habe ich mehrere Nächte hintereinander in einem Matratzenlager geschlafen. Einer der Gäste hat unglaublich penetrant geschnarcht. Viele im Lager, inklusive mir, hatten dadurch ein massives Schlaf-Problem. Nicht einmal Ohrstöpsel haben geholfen.
Ein anderer (sehr spirituell orientierter) Gast im Matratzenlager gab uns einen Tipp: „Wir sollen einfach mitschwingen.“ Einfach war’s nicht, aber eine interessante Übung und es hat tatsächlich geholfen.
Ungefähr zur gleichen Zeit hatte ich regelmäßig Kopfschmerzen. Ich weiß nicht mehr warum, aber ich kam auf folgende Idee:
Ich stellte mir vor, dass die Kopfschmerzen mein Epizentrum sind…ich fokussierte mein Bewusstsein in meinen Kopf, lokalisierte die Kopfschmerzen und stieg in meiner Vorstellung hinein in dieses „Areal“. Die Wirkung war verblüffend. Die Übung machte aus schlimmen bedrohlichen Kopfschmerzen eine akzeptable Situation.
Mittlerweile ist es so:
Wenn ich krank bin, egal ob mit Grippe, Kopfschmerzen, Rückenproblemen oder depressiven Verstimmungen, dann ist das meistens nicht mehr so schlimm für mich. Ich lehne diese Zustände nicht mehr ab, sondern erlebe sie als Teil von mir. Manchmal macht mich das faszinierenderweise sogar glücklich.
“Verlange nicht, dass das, was geschieht, so geschieht, wie du es wünschst, sondern wünsche, dass es so geschieht, wie es geschieht, und dein Leben wird heiter dahinströmen.”
(Epiktet, Handbüchlein der Moral, 8, übersetzt von Kurt Steinmann)
Vor dem Schlafengehen mache ich immer mal wieder folgende Übung:
Ich mache mir bewusst, wer ich bin…und zwar mit allen Stärken und Schwächen.
„Ich bin Markus. Ich habe eine tolle Familie. Ich habe mir einen schönen Ort zum Leben ausgesucht. Ich habe verschiedene Ängste in mir, z.B. die Angst fallen gelassen und nicht geliebt zu werden. In vielen Situationen bin ich unglaublich unsicher. Manchmal rede ich schneller als ich denke und dadurch habe ich schon Menschen verletzt. Ich liebe meine Kinder und verbringe viel Zeit mit ihnen. Ich habe eine kleine Firma aufgebaut, auf die ich stolz bin. Ich mache mich immer wieder größer als ich bin und nehme mich wahnsinnig wichtig. Wenn ich später darüber nachdenke, kann ich nur noch den Kopf schütteln. Ich bin sportlich und musikalisch (…)“
Und so geht das dann zwischen 5 und 15 Minuten. Je nachdem, wieviel mir gerade einfällt. Wichtig ist, dass gute Eigenschaften und weniger gute Eigenschaften sich abwechseln. Dabei passiert etwas Interessantes: Ein kraftvolles Realitäts-Gefühl stellt sich ein. Das Gefühl ist sogar besser, als wenn man die weniger guten Aspekte der eigenen Persönlichkeit ausklammert.
Amor Fati. Ich nehme mich und mein Schicksal an. Natürlich gelingt mir das nicht immer, zum Beispiel überfordert mich das Thema meiner „Endlichkeit“ sehr. Und immer wieder überfordern mich auch Situationen. Aber das sind Übungs-Chancen.
Mehr noch:
Je mehr schmerzhafte Realität ich annehmen kann, desto intensiver kann ich auch die Sonnenseiten des Lebens annehmen und genießen. Mein innerer und äußerer Lebensraum wird größer und schöner.